Fernbahnzuführung für Bad Canstatt

Die Fernbahnzuführung für Bad Canstatt

Stuttgart 21 ist ein Projekt der absoluten Superlative. Im Zuge der Neuordnung des Bahnknotens Stuttgart setzte die Deutsche Bahn bei der Realisierung der Fernbahnzuführung Bad Cannstatt auf das Know-how von BEMO.

Standort
Stuttgart, Deutschland
Geschäftsfeld
Tunnel- & Bergbau
Auftraggeber
DB Projekt Stuttgart–Ulm GmbH
Baubeginn
Februar 2013
Fertigstellung
März 2023

Unterirdischer Schienenring für Stuttgart

In einer Arbeitsgemeinschaft wurden unter anspruchsvollen geologischen und logistischen Bedingungen zwei jeweils 3.507 m lange Fernbahnröhren nebst fünf Verbindungsbauwerken sowie ein 1.200 m langer S-Bahntunnel aufgefahren. Die Vortriebsarbeiten starteten sowohl von den Portalen am Kriegsberg und am Neckar als auch aus drei Zwischenangriffen heraus. Darüber hinaus wurden eine Rettungszufahrt für die Feuerwehr, ein Entrauchungsbauwerk sowie ein Fluchtstollen mit Rettungsschacht hergestellt.

KREUZUNGSBAUWERK EHMANNSTRASSE MIT RETTUNGSZUFAHRT

 

Ein Tunnel für den Artenschutz

Das Kreuzungsbauwerk in der Ehmannstraße, ab dem die oben liegende Fernbahnröhre und die darunterliegende S-Bahnröhre sich treffen, sollte ursprünglich in offener Bauweise hergestellt werden. Doch hätten hierzu im Bereich des Rosensteinparks Bäume gefällt werden müssen, die Heimat der seltenen Juchtenkäfer sind. Der Auftraggeber hat sich aus Gründen des Artenschutzes entschlossen, diesen Kreuzungsbereich in einem aufwendigen Verfahren bergmännisch herstellen zu lassen. Diese Individuallösung stellt eines der wichtigsten und technisch anspruchsvollsten Bauwerke im Bereich Bad Canstatt dar.

BEREIT FÜR DAS UNTERNEHMEN ZUKUNFT

 

Die P-Option

Um jetzt schon die Weichen für den künftigen „Deutschlandtakt“ der Bahn zu stellen, wurde in der eingleisigen Fernbahn unter Zuhilfenahme einer ausgefeilten Sonderschalung die sogenannte P-Option entwickelt. Damit hat der Auftraggeber in diesem Bereich die Möglichkeit, die Mittelwand zu einem späteren Zeitpunkt abzubrechen, um so einen weiteren Tunnel für zwei zusätzliche Fernbahngleise aus Richtung Feuerbach auffahren zu lassen. Diese neue Röhre würde sich dann auf Höhe des Pragfriedhofs in die bestehende eingleisige Fernbahn einfädeln.

VERZWEIGUNGSBAUWERK KRIEGSBERG

 

Pläne in neuen Dimensionen

Östlich des neuen Durchgangsbahnhofs wurde unterhalb des Kriegsbergs das gleichnamige Verzweigungsbauwerk im setzungsarmen zweihüftigem Ulmenstollenvortrieb aufgefahren. Hier werden sich künftig die beiden Fernbahnröhren aus Bad Cannstatt mit denen des Nachbarloses vereinen. Die zwei parallel verlaufenden Röhren haben einen Achsabstand von ca. 27 m und einer lichten Breite je Querschnitt von bis zu rd. 22 m.

DER PLANUNGSABSCHNITT 1.5 LOS 3

 

Aufgaben, die alles abverlangen

Der Planungsabschnitt 1.5 Los 3 hielt eine Vielzahl von Herausforderungen für alle Projektbeteiligten bereit. Und das neben den über 25 verschieden aufzufahrenden und zu betonierenden Querschnitten und den Arbeiten im Lockergestein, die teilweise in Mineralwasserschutzzonen oder in Zonen mit geringer Überdeckung stattfinden mussten. Beim Verzweigungsbauwerk Kriegsberg wurden aufgrund der Querschnittsgröße der Geländeüberlagerung von bis zu 60 m und der geotechnischen Randbedingungen zum Abtrag der großen Schnittkräfte besondere Ausbaumaßnahmen erforderlich. Dazu zählten neben Außenschalendicken von bis zu 45 cm auch die Maßnahmen großer Bewehrungsmengen mit Stabzulagen von bis zu 100 cm²/m. In der eingleisigen Fernbahn durchfuhr man Zonen im unausgelaugten Gipskeuper. Hier durfte lediglich trockener Vortrieb erfolgen, der den erfahrenen Mineuren und ihren Geräten wirklich alles abverlangte.

Außerdem gab es in diesen geologisch anspruchsvollen Bereichen weitreichende Injektionsmaßnahmen, die dank der umfassenden Kompetenz der BEMO-Abteilung Bauwerkserhaltung erfolgreich ausgeführt wurden. Beim Zwischenangriff Abstellbahnhof, von dem die S-Bahn-Röhren Richtung Hauptbahnhof vorgetrieben wurden, stellte sich die komplexe Aufgabe einer Unterfahrung von sechs Gleisen unter laufendem Betrieb. Aufgrund der geologischen Gegebenheiten konnte hier nur mit einer verkürzten Abschlagslänge vorgetrieben werden. Darüber hinaus hatte der Auftraggeber das Vorhalten einer Gleisstopfmaschine und eines Messtrupps mit entsprechendem Gleismonitoring angeordnet. Beim Gleismonitoring konnte die ausführende Arbeitsgemeinschaft auf die Expertise der BEMO-Abteilung Vermessung zurückgreifen. Weiterhin musste für den Vortrieb der S-Bahnröhren ein Abwassersammler DN 1600 umgelegt werden. Eine dafür konzipierte Vortriebsmaschine kam hier zum Einsatz. Im Zuge der Vortriebsarbeiten musste stets die Kampfmittelfreiheit abgesichert werden, schließlich lauern im Boden unter der Stadt noch Blindgänger aus dem letzten Krieg. Für die anspruchsvollen, aber auch abwechslungsreichen Betonarbeiten wurden neben den konventionellen Stahlschalungen eine Vielzahl an Sonderschalungen aus Holz sowie ein Fullroundschalwagen eingesetzt. Zur Sicherheit der Projektbeteiligten ist über die gesamte Bauzeit eine Rettungswehr vorgehalten worden, für die das eigene Personal entsprechend ausgebildet wurde.

„Ich bin unglaublich stolz auf unser Personal. Bis zum letzten Tunnelmeter wurden unter Zuhilfenahme der jahrzehntelagen Erfahrung sämtliche Herausforderungen, sowohl bei den Vortriebs- als auch den Betonarbeiten, bravourös angenommen und gemeistert.“

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